Mount Valley

Tagebuch

 

 

 

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Dritte Woche

Dienstag 

Wir wollen Hannelore und Gunther zum Essen einladen, es gibt noch einiges zu besprechen, bevor wir abreisen. Aber unser Farmtelefon funktioniert nicht. Es klingelt zwar bei uns, wir können auch Gespräche anderer Farmer in der Linie mithören, wie wir festgestellt haben, aber selbst telefonieren können wir nicht.  

Schon seit zwei Jahren ist unsere Telefonleitung, die von Sinclair kommt, in einem desolaten Zustand. Zwei Telefonmasten sind durch Blitzschlag zerstört, die frei hängenden Leitungen werden durch die Porzellanhütchen aber noch zusammengehalten. Die Namibianische Telecom kassiert zwar weiter von uns die saftige Grundgebühr für das Telefon, denkt aber nicht daran, die Telefonmasten zu erneuern, obwohl wir dies schon mehrmals angemahnt haben. In die Instandhaltung dieser Uralttechnologie soll anscheinend kein Cent mehr investiert werden. Gunther erzählt, dass die Farmen hier alsbald von der Telecom eine Art Satellitentelefon erhalten. Die Gespräche werden über eine Relaisstation in das Festnetz geleitet, die Farmleitungen werden allmählich abgeschafft. 

Wenn wir dringend telefonieren müssen, haben wir ja das Satellitentelefon, das aber ein bisschen teuer ist für nachbarliche Schwätzchen unter Hausfrauen. Glücklicherweise sind heute wieder Wahlen, diesmal für das Regionalparlament. Am Vormittag kommt Simon von Kanaan mit seinem Landrover und holt unseren Staff zum Wählen auf Sinclair ab. Wir tragen Petrus auf, der Hannelore auszurichten, sie möge uns bitte anrufen. 45 Minuten später ruft Hannelore an, und wir verabreden uns für Donnerstag zum Essen auf Mount Valley. 

Meine etwas ironischen Bemerkungen über die  Perlhuhn- und Affenjagd auf Heusis haben nicht überall Zustimmung gefunden. Ich schicke Tagebuchaufzeichnungen an Familie und Freunde in Deutschland, damit man dort weiß, wie es uns auf Mount Valley ergeht, und habe kritische Reaktionen auf den Heusisbericht erhalten. Manch einer denkt, dass nur solche Jäger nach Namibia reisen, die das edle Waidwerk pflegen. Die Wahrheit sieht wohl anders aus. Nicht selten sind es eher simpel gestrickte Ballermänner, die auf alles schießen wollen was lebt, und abends ihre glorreiche Trophäe vom Steinböckchen oder Bergzebra mit Brandy kräftig begießen. Da wird dann auch schon mal die Sau raus gelassen. Ich schreibe in meinen Tagebüchern, was für mich persönlich wichtig ist, und manchmal auch meine Gedanken, die ich mir mache.  

Die mordlustigen Ballermänner, die spätestens 2 Stunden nach der Landung ihres Fliegers in Windhuk irgendetwas Lebendiges zu Tode befördert haben wollen, sind der Regierung liebste Touristen. An seltenen und geschützten Arten, die zum Abschuss frei gegeben werden, verdient der Staat unmittelbar mit. Je seltener die zum Abschuss frei gegebene Art desto höher die Prämie. An der Trophäenjagd verdienen der Staat, der Jagdführer und der Eigentümer des Landes, auf dem das Tier erlegt wurde. Naturschutz in Namibia bedeutet Verwertung erneuerbarer Ressourcen. Der Naturschutz als Selbstzweck europäischer Prägung ist hier eher unbekannt, wie in anderen Afrikanischen Staaten auch. Wenn mit dem Naturschutz kein Geld mehr zu verdienen ist, sei es durch Jagd- oder auch Fototourismus, wird es „unnütze“ Arten wie Nashörner, Elefanten oder Löwen bald nicht mehr geben. Diese Denkungsart ist den Deutschen Naturschützern fremd. Deshalb ist auch die Empörung unter Namibia-Freunden groß, dass der Staat die CITES-Erlaubnis zum Abschuss von 5 Nashörnern beantragt und erhalten hat. Die Naturfreunde spenden viel Geld zum Schutz der Nashörner, die nun mit staatlicher Erlaubnis von Menschen erlegt werden, die hierfür jeden geforderten Preis zahlen. Seit der Unabhängigkeit Namibias vor 15 Jahren hat der Nashornbestand um 50 % zugenommen, man muss feststellen, dass dieser Naturschutz offenbar wirkungsvoll ist. Das liebste Nashorn ist der Regierung das Nashorn, an das 50.000 Fototouristen herangeführt werden konnten, und das dann 6 Monate vor dem natürlichen biologischen Tod von einem reichen Amerikaner für 50.000 US$ erlegt wird. Ich habe deshalb nichts gegen diese Art Naturschutz zum Wohl der Allgemeinheit, solange die horrende Abschussprämie nicht in der Tasche eines Ministers landet, und sich die Jagd wirksam kontrollieren lässt. Das ändert aber nichts an meiner Einstellung zu dieser Art von Jägern. Mit der Jagdkunst á la Hermann Löns hat dies nichts mehr gemein. 

Wir legen uns seit gestern mittags nach dem Essen für eine Stunde zum Mittagsschlaf in die Zitronenkammer. Auf dem Sundownerplatz ist es zu unruhig geworden. Im Hintergrund werkeln die Handwerker, und seitdem Schulferien sind, ist nun noch ein weiterer Sohn vom Jakobus hier, etwa 8 Jahre alt, der sich natürlich auch auf der Baustelle aufhält,  und mit ihm ein etwa gleichaltriger Enkelsohn vom Petrus, der sinnigerweise auch Petrus heißt. Schulpflichtige Kinder haben am Haus nicht herum zu lungern, aber im Fall von Jakobus’ Sohn müssen wir wohl beide Augen zudrücken, und können deshalb auch  schlecht den Enkel vom Petrus wegschicken. Die beiden schulpflichtigen Kinder haben diesen Was-willst-Du-hier-Weißer-Mann-Blick. 

Am späten Nachmittag machen wir eine kleine Tour mit dem Landcruiser. Wir wollen mal sehen, ob der Kühler dicht ist. Vorsorglich nehmen wir 10 L Wasser für den Kühler mit, außerdem das Panzerband, eine Schere und Arbeitshandschuhe. Und für uns eine Thermoskanne mit kaltem Wasser für den Fall, dass wir einen längeren Fußmarsch nach Hause machen müssen. Alle drei bis vier Kilometer steige ich aus und schaue unter den Kühler. Aber es tropft nicht, und auch die Temperaturanzeige bleibt im normalen Bereich. Das Panzerband scheint das Loch wirkungsvoll abgedichtet zu haben. Die Gegenden, die in der vergangenen Woche wie bayerische Almen ausgesehen haben, werden allmählich braun und gelb. Es hat seit 2 Wochen nicht mehr geregnet. Aber weiter im Westen, wo wir bei unserer ersten Farmtour nichts als Ödnis und Wüste vorgefunden haben, sprießt es jetzt grün aus dem Boden. Dort hatte es noch einmal geregnet, als wir schon hier waren. Die großen Springbockherden und die Oryxantilopen finden wir nun weiter im Westen in den Gebieten mit frischem, grünem Gras.  

Erst nach Sonnenuntergang sind wir wieder am Haus. Die Handwerker sind immer noch auf der Baustelle. Sie haben heute alle Innenmauern in der Badkammer fertig gestellt und auch verputzt.

 

 

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