Mount Valley

Tagebuch

 

 

 

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Erste Woche

 

Montag

Am Montagmorgen um sieben Uhr erscheinen die Handwerker. Unser Haus- und Hofmaurer, Cornelius (Neels) Nell aus Bethanien, steht wegen eines  Auftrages in Keetmanshoop für uns jetzt nicht zur Verfügung, was wir bedauern, denn der weiß inzwischen, was wir erwarten, und wir wissen, was er kann. Der Maurer, der die nächsten drei Wochen bei uns arbeiten wird, heißt Jakobus und ist ein Bruder vom Neels. Er ist inzwischen schon der Vierte von den Nell-Brüdern, der für uns auf Mount Valley arbeitet. Es gibt noch weitere neun Brüder, die alle Maurer sind. Er soll heute Marias Abwaschküche zu Ende fliesen. Es sind nur noch ein paar Wandfliesen anzubringen, die Neels im Mai nicht mehr verlegen konnte, weil der Fliesenkleber ausging. 5 Kg Fliesenkleber haben wir aus Windhuk mitgebracht. Zu meinem Entsetzen nimmt er aber fast alle Fliesen wieder ab, die sein Bruder im Mai verklebt hatte. Die sind nämlich hinten hohl und halten nicht an der Wand. Ich möchte mal wissen, was der Neels im Mai mit dem Fliesenkleber gemacht hat. Trotzdem ist der Fliesenspiegel über dem Abwaschbecken bereits am frühen Nachmittag sorgfältig und sauber verklebt, und es ist auch noch Fliesenkleber da. Jakobus und sein Handlanger bereiten noch die Wände vor, die Morgen gestrichen werden sollen. 

Nach dem Abendessen setzen wir uns auf den Sundownerplatz und schauen fasziniert dem Schauspiel zu, das sich uns im Osten bietet. Eine Regenfront nach der anderen zieht über Sinclair. Auf Mount Valley fällt leider nur wenig Regen nördlich vom Haus in den Blue Mountains. Zum Haus selbst schaffen es die Regenwolken nicht. Als es dunkel wird, ist der Himmel im Osten manchmal taghell von Blitzen erleuchtet. Um 21.00 Uhr ist es immer noch 26°C warm.

Dienstag 

Dienstagmorgen beginnen die Handwerker die Abwaschküche zu streichen. Derweil kommt Simon von Kanaan mit dem Landrover und fährt Petrus und Maria zur Wahl. Auf Sinclair befindet sich  ein Wahllokal für die Parlaments- und Präsidentenwahl. Die Präsidentenwahl ist nicht so sehr spannend, weil der Sieger schon fest steht. Aber es wird einen neuen Präsidenten geben, Sam Nujoma hat sich verfassungskonform nicht mehr zur Wahl gestellt, ein für Afrika ungewöhnlich demokratischer Vorgang. Die SWAPO wird sicher auch locker die Zweidrittel Mehrheit im Parlament erreichen, auch dies ist nicht sonderlich spannend, weil sie bei der letzten Wahl bereits 70 % der Stimmen erhalten hat, und diese komfortable Mehrheit bisher nicht zu sozialistischen Verfassungsänderungen missbraucht hat. Die Frage ist allein, welche Politik der neue Präsident Pohamba in Zukunft machen wird. Er ist als noch amtierender Minister für Ländereien und Neusiedlung für die Farmenteignungen verantwortlich, die im Mai begonnen haben. 

Während Petrus und Maria auf Sinclair den neuen Präsidenten wählen, hole ich die Motorsäge hervor und kappe einige abgestorbene Bäume. Um 10.00 Uhr sind Petrus und Maria schon wieder zurück. Unsere Handwerker gehen nicht wählen. Am Abend ist Marias Abwaschküche fertig: Komplett zweimal gestrichen, Wasserrohre und Fenster lackiert, Fliesen verfugt, es ist sehr schön geworden und Maria strahlt. 

Es ist den ganzen Tag  über bedeckt, die Sonne kommt kaum einmal für Minuten durch die Wolken, und manchmal regnet es ein wenig. Trotzdem ist es 30°C warm. Da unsere Energieversorgung mit Solarzellen und Sonnenkollektoren -ökologisch korrekt- auf die Sonne ausgerichtet ist, bringt das bedeckte Wetter der vergangenen Tage nicht nur Vorteile. So schön der Regen auch ist, die Kehrseite ist, dass unsere Dusche kein wirklich heißes Wasser liefert, lauwarm plätschert es aus dem Brausekopf, was bei 30°C Außentemperatur aber nicht unbedingt unangenehm ist. Auch die Computerarbeit und die Musik müssen eingeschränkt werden, die Periphergeräte wie Drucker und Scanner sind abgeschaltet, das Satellitentelefon stelle ich nur zum Senden und Empfangen der Emails an. 

Unser Handwerker Jakobus arbeitet sorgfältig und schnell. Es gibt aber Verständigungsprobleme, weil er wirklich nur Afrikaans spricht, und das auch eher brummelt, so dass man ihn akustisch gar nicht versteht, selbst wenn man Afrikaans verstehen würde. Sein Handlager heißt Roderick. Der spricht auch Englisch und gibt der Christa abends einen in schöner Handschrift verfassten  Zettel, der aus einem Kalender gerissen ist,  für Bestellungen aus unserem Store: Maismehl, Braunmehl, Öl, Fisch, Kerzen, Streichhölzer, Salz, Zwiebeln, Kartoffeln, Tee, Tabak. Die Beiden wohnen in dem Häuschen ohne Fensterscheiben neben dem Wassertank. Eine Frau, die kocht und die Wäsche versorgt, gibt es nicht. Roderick ist nicht verheiratet, er ist höchstens zwanzig Jahre alt. Jakobus ist Witwer, seine Frau ist vor zwei Jahren gestorben. Seine schulpflichtigen Kinder leben in Bethanien und werden von einer Schwägerin versorgt. Das jüngste Kind, ein Bübchen von etwa 4 Jahren ist aber hier auf Mount Valley und hält sich den ganzen Tag auf der Baustelle auf. Es könnte auch auf die Werft gehen, wo mindestens 4 Enkel von Petrus rumlaufen, die etwa gleichaltrig sind, aber anscheinend will Petrus das nicht. Der Kleine guckt immer ganz traurig mit großen Augen, auch wenn man ihn freundlich anlächelt. Christa gibt ihm aus Jeanettes McDonald-Spielzeugkarton ein Auto und einen Tarzan, nun strahlt der Kleine für kurze Zeit. Das Auto hat oben einen Propeller und noch einen vorne, es kann auch hinten sein. Der Tarzan ist ein halbnackter Muskelprotz mit wehendem Haar, der sich mittels eines Hebels mit den Fäusten auf die Brust trommeln kann. Ich habe Zweifel, ob man einem kleinen Namajungen mit dieser Art Spielzeug die wunderbare Welt des weißen Mannes vernünftig näher bringen kann. Weil die Handwerker mangels Frau selbst kochen müssen, fallen schon mal Frikadellen aus Christas Küche ab, und zweimal am Tag ist sowieso Teatime, da macht Christa Wurst- oder Marmeladenbrote für die Handwerker und unseren Staff.

Mittwoch 

Mittwochmorgen erhalten die Naturklippen in Marias Abwaschküche eine erste Versiegelung. Anschließend hole ich mit den Leuten vier Fuhren Sand aus dem Rivier, damit die Arbeiten an der Badkammer begonnen werden können. Roderick bringt schon mal  Steine an die Baustelle. Nach der Mittagspause passiert aber gar nichts. Es gibt eine längere Diskussion. Jakobus weigert sich zu arbeiten. Die Badkammer ist schon im Mai auf eine Höhe von etwa 1,60 m hoch gemauert worden. Ich dachte, dass Jakobus nun eine Holzbohle auf zwei alte Benzinfässer legt und dann loslegt. Jakobus besteht aber darauf, dass ich unser Arbeitsgerüst hole, das sich auf Sinclair befindet. Alle Räder stehen still, wenn mein starker Arm es will. Also mache ich mich mit Wut im Bauch auf den Weg nach Sinclair.  Dadurch vergehen fast zwei Stunden. Während ich das Gerüst hole, versiegelt Jakobus den Fußboden der Abwaschküche zum zweiten Mal. Um 17.00 Uhr bin ich von Sinclair zurück. Nun wird die Badkammer eingerüstet. Das Arbeitsgerüst besteht aus zwei soliden Eisenböcken, die in der Höhe verstellbar sind. Zwischen die werden zwei Holzplanken gelegt, eigentlich müssten es drei Planken sein. Das Gerüst wird mit einem Benzinfass und den Resten einer Türzarge komfortabel erweitert, so dass am Ende die Badkammer zur Hälfte eingerüstet ist. Funktionäre einer deutschen Berufsgenossenschaft würden beim Anblick dieses Baugerüstes sicherlich sofort tot umfallen. Dann ist Feierabend

 

   

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